Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 17. Dezember 2006 20:33 |
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Liebe Liste,
ist Karl May's erster literarischer Erfolg gefunden, das Geheimnis seiner
frühesten Indianergeschichte endlich gelüftet?
Glaubt man Karl May, so hat er schon im Alter von sechszehn Jahren
gedichet, komponiert und Geschichten geschrieben. Der Karl-May-Forschung
sind bisher nur Veröffentlichungen aus dem Jahre 1875 bekannt, die als
Frühwerk bezeichnet werden. Hinzu kommen Fragmente aus seiner Haftzeit,
datiert auf das Jahr 1870, die er selbst nicht veröffentlichte und die
bislang als die ersten schriftstellerischen Arbeiten Karl Mays gelten.
Karl May selbst schreibt in "Mein Leben und Streben" zur Seminar- und
Lehrerzeit: "Ich lernte sehr leicht und hatte demzufolge viel Zeit übrig.
So dichtete ich im Stillen; ja, ich komponierte. Die paar Pfennige, die
ich erübrigte, wurden in Schreibpapier angelegt. Aber was ich schrieb, das
sollte keine Schülerarbeit werden, sondern etwas Brauchbares, etwas
wirklich Gutes. Und was schrieb ich da? Ganz selbstverständlich eine
Indianergeschichte! Wozu? Ganz selbstverständlich, um gedruckt zu werden!
Von wem? Ganz selbstverständlich von der "Gartenlaube", die vor einigen
Jahren gegründet worden war, aber schon von Jedermann gelesen wurde. Da
war ich sechzehn Jahre alt. Ich schickte das Manuskript ein. Als sich eine
ganze Woche lang nichts hierauf ereignete, bat ich um Antwort. Es kam
keine. Darum schrieb ich nach weiteren vierzehn Tagen in einem strengeren
Tone, und nach weiteren zwei Wochen verlangte ich mein Manuskript zurück,
um es an eine andere Redaktion zu senden. Es kam. Dazu ein Brief von Ernst
Keil selbst geschrieben, vier große Quartseiten lang. Ich war fern davon,
dies so zu schätzen, wie es zu schätzen war. Er kanzelte mich zunächst
ganz tüchtig herunter, so daß ich mich wirklich aufrichtig schämte, denn
er zählte mir höchst gewissenhaft alle Missetaten auf, die ich, natürlich
ohne es zu ahnen, in der Erzählung begangen hatte. Gegen den Schluß hin
milderten sich die Vorwürfe, und am Ende reichte er mir, dem dummen
Jungen, vergnügt die Hand und sagte mir, daß er nicht übermäßig entsetzt
sein werde, wenn sich nach vier oder fünf Jahren wieder eine
Indianergeschichte von mir bei ihm einstellen sollte. Er hat keine
bekommen; aber daran trage nicht ich die Schuld, sondern die Verhältnisse
gestatteten es nicht. Das war der erste literarische Erfolg, den ich zu
verzeichnen habe. Damals freilich hielt ich es für einen absoluten
Mißerfolg und fühlte mich sehr unglücklich darüber."
Auf der Suche nach dieser ersten Indianergeschichte Karl May's bin ich nun
auf eine Erzählung in der Gartenlaube von 1865 gestoßen, bei der es sich
um diese Indianergeschichte handeln könnte. Ab Heft 10 "Die Gartenlaube",
Jahrgang 1865, ist die Erzählung "Das Geheimniß des Indianers" abgedruckt.
Ein Autor ist nicht genannt. Dieser bleibt anonym. Als Verfasser ist
lediglich angegeben "Nach Mittheilungen eines deutsch-amerikanischen
Arztes." Bei genauerer Durchsicht des Werkes sind sämtliche May-typischen
Gegebenheiten vorhanden, weshalb ich vermute, dass es die
Indianergeschichte sein könnte, die May 1858 geschrieben und an "Die
Gartenlaube" zum Druck eingereicht hatte.
Warum die Erzählung dann erst 7 Jahre später gedruckt wurde, läßt sich nur
vermuten. May hat die Geschichte nachbearbeitet, da Keil ihn ja gehörig
abkanzelte und ihm seine Missetaten aufzählte und es ihm so ein leichtes
war, eine Korrektur an der Erzählung durchzuführen. May muss die Erzählung
spätestens im Februar 1865 eingereicht haben, denn sie erschien in Heft
10, also zwischen dem 05. und 11. März 1865. Zwischen Abgabe und Druck
lagen gewöhnlich einer Mitteilung Ernst Keil zufolge 3 Wochen (Kleiner
Briefkasten in Nr. 17, Jahrgang 1862 - Ernst Keil: "Beachten Sie ferner,
daß der Druck einer Nummer jetzt 3 Wochen Zeit in Anspruch nimmt.")
Bekanntermassen hat sich May im Februar und März 1865 in Gohlis bei
Leipzig und in Leipzig direkt aufgehalten, wo er am 26.03.1865 im
Rosenthal von der Polizei verhaftet und arretiert wurde, nachdem er als
Noten- und Formenstecher Hermin mehrere Betrügereien begangen hatte. Seine
erste kriminelle Karriere begann im Juli 1864. Er vagabundierte, verübte
Straftaten und gab sich dabei als Dr. med. Heilig aus Rochlitz aus. Ende
1864 wurde er unter diesem Namen sogar steckbrieflich gesucht.
Offensichtlich brauchte May dringend Geld. Das Honorar der Gartenlaube war
ihm da höchst willkommen. Das gewählte Pseudonym: "Nach Mittheilungen
eines deutsch-amerikanischen Arztes" wurde vermutlich von ihm gewählt, da
er sich gerade zu dieser Zeit mehrfach als Augenarzt Dr. med. Heilig
vorstellte.
Ich habe die Erzählung aus der Gartenlaube von 1865 als PDF-Datei, eine
kurze Inhaltsangabe der Erzählung sowie meine ersten Vermutungen und
Schussfolgerung heute online gestellt, wobei ich noch einiges Nachtragen
muss, was aber etwas später geschehen soll. Hier der Link dazu
[www.karl-may-stammtisch.de]
Schon jetzt freue ich mich auf eine rege Diskussion zu dieser Erzählung
und hoffe der Karl-May-Forschung einen nützlichen Hinweis zum Frühwerk
Karl May's gegeben zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jürgen Glaab
Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 16:00 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 16:13 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 16:20 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 16:29 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 16:40 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 19. Dezember 2006 17:03 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 20. Dezember 2006 08:12 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 20. Dezember 2006 08:27 |
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Re: Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 02. Januar 2007 15:20 |
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Re: Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 02. Januar 2007 21:42 |
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Re: Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 04. Januar 2007 15:39 |
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Re: Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 04. Januar 2007 17:23 |
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Re: Leserunde: "Das Geheimniß des Indianers" 04. Januar 2007 22:10 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 20. Mai 2007 22:12 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 21. Mai 2007 09:29 |
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Also durchaus Informationen, die auch einem angehenden Lehrer in seiner Studienzeit zur Verfügung gestanden haben können.
Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 22. Mai 2007 16:07 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 24. Mai 2007 05:37 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 24. Mai 2007 16:15 |
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Re: Karl May in der "Gartenlaube"? 24. Mai 2007 18:29 |
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